»DESIGN UND STRAFE« – DESIGNKRITIK IN ZEITEN WEBFORMATIERTER REALSATIRE

Manche Kritikformate meinen es am Schluss ernster als einem lieb ist, allen voran dem Kritiker selbst. Der Satiriker – im Unterschied zum »klassischen« Kritiker – weiß sich gerade heute kaum noch über seine Gegenstände erhaben, da er meist selbst in irgendeiner Weise mittun muss. Manche Sachverhalte lassen sich eben nur dadurch bloßstellen, dass man sich selbst mit ihnen bloßstellt. Mittlerweile berühmt etwa sind die Auslassungen Martin Sonneborns im Rahmen seiner Tätigkeit als gewähltes Mitglied des Europaparlaments. Hier scheint Satire gänzlich in ihr Gegenüber übergegangen zu sein und aus ironischer Mimikry ist zynische Mimesis geworden – ein Übergang, der auf einem der wohl sprechendsten Wahlplakate seit Bestehen der Bundesrepublik noch erkennbar war, bevor er durch den tatsächlichen Wahlerfolg der Partei Die Partei zu seinem Abschluss fand und verschwand. So stand anlässlich der Bundestagswahl 2013 in weißen Lettern auf rotem Grund zu lesen: »Inhalte überwinden!« und was damit getroffen war, entpuppte sich erst im Nachhinein nicht nur als »politischer« Richtungswechsel hin zum Populismus, sondern gleichermaßen auch als »satirischer«. – Doch wer wollte Sonneborn verargen, sein Wahlversprechen zu halten, indem er bloß seine Schäfchen ins Trockene brachte?Allein, ein bitterer Beigeschmack bleibt: Darf man auf eine Weise mit politischen Inhalten verfahren, dass sie zur bloßen Formsache des eigenen Aufstiegs werden? Kann man hierbei überhaupt noch von Politsatire sprechen? Oder ist durch eine derartige Satire-politik bereits eine Grenze überschritten, jenseits derer Satire und Realität ununterscheid-bar werden? Im Folgenden wird es darum gehen, eine Antwort auf diese Fragen zu geben, wenn auch eine allzu mehrdeutige, letztlich unbefriedigende. Aber wie nicht anders zu er-warten, gehört dies zum Geschäft des Satirikers, seitdem er sich als ein solcher verkauft.

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